Foto: Manja Herrmann
Uwe Runggas ist 1960 in Magdeburg geboren und war der DDR gegenüber seit seiner Jugendzeit kritisch eingestellt. Den Entschluss zu fliehen fasste er endgültig, als er gemeinsam mit weiteren Teilnehmer:innen des Friedensgebetes im Magdeburger Dom in Konflikt mit der Staatssicherheit geriet. Über die bundesdeutsche Botschaft in Prag floh er mit seiner damaligen Freundin und ihrem achtjährigen Sohn in den Westen. Heute lebt er in Hannover und arbeitet als Hausmeister in einem IT-Unternehmen.
Da waren viel zu viele Leute, man kann sich das nicht vorstellen. Da waren acht Toiletten und Duschen für 4 000 Leute und wir haben uns draußen im Freien am Waschbecken gewaschen. Und das war auch so ein Schweinewetter, es hat zwei Wochen lang die ganze Zeit nur geregnet! Die ganze Botschaft, das ganze Gelände war eine Schlammwüste, bis dann irgendwann ein großer LKW mit Paletten kam. Dann haben die den ganzen Garten ausgelegt mit Europaletten, damit wir überhaupt [über das Gelände] laufen konnten.
Ja, klar. Wenn die Grenze zu geblieben wäre, hätte ich die bis heute nicht gesehen. Also wenn das System so geblieben wäre. Wenn ich rübergefahren wäre, hätten die mich eingesperrt. Republikflucht, das kam noch vor Mord. Das wurde so hart bestraft. Und die Leute, [die] in Bautzen oder in diesen Stasi-Gefängnissen gesessen haben, die haben richtig gelitten.
Einen Kulturschock habe ich gekriegt: Ich habe mir, bevor wir abgehauen sind, noch einen neuen Fernseher in der DDR gekauft. Schwarz-Weiß. 2100 Mark hat der gekostet, werde ich nicht vergessen. In der Wohnung [im Westen], wo ich gewohnt habe, hat noch ein Ehepaar gewohnt. Der Mann war Berufsschullehrer und der hat gesagt, weißt du was, Uwe, wir fahren heute mal nach Würzburg. Und da waren wir dann in so einem großen Kaufhaus und da stand der gleiche Fernseher, aber für 99 Mark. [Da] habe ich gesagt, ich muss jetzt erstmal raus und musste mich erst einmal draußen hinsetzen.
Da gibt es eine ganz kurze Antwort: Keine einzige Sekunde.
Das war schon ein ganz komisches Gefühl. Wieder da zu sein, wo mein Start war, mein Neustart, sage ich mal so. Der Reset-Knopf. Das war schon toll.